Athlet überwindet in der Nacht ein Wasserhindernis

Gemeinsam gegen Kälte und Wasser

Nach dem Staub der Wüste Nevadas in den Vorjahren sollte die Teilnehmer des World’s Toughest Mudder auf dem diesjährigen Kurs bei Atlanta vor allem die Kälte zum ständigen Begleiter werden. Auch aus Deutschland und Österreich stellten sich eine Handvoll Starter dem 24h-Kurs im US-Bundesstaat Georgia.  

Schon in den Tagen vor dem Lauf sorgte kaltes Regenwetter für erschwerte Bedingungen. Starter und Pit-Crews kämpften bereits beim Zeltaufbau mit strömendem Regen. Dort wo eigentlich Zelte stehen sollten, stand das Wasser in großen Pfützen. Doch zum Ende des Tages stand schließlich doch, was für die nächsten 24 Stunden zur Heimstatt für Läufer und Betreuer werden sollte. 

Zum Start hatte der Regen ein Einsehen, Dudelsackmelodien stiegen in den klaren Himmel und zu den motivierenden Worten des Ansagers starteten die ca. 1200 Läufer auf die Sprintrunde. All die Vorbereitungen, Training und Planung lagen hinter den Startern. Bis zu zwei Jahre lang hat sich etwa Team Chrisscross auf das Event vorbereitet. Die Energie brach sich Bahn und wollte strategisch geschickt auf die Strecke gebracht werden, als jeder Läufer und jedes Team versuchte, zunächst so viel Strecke wie möglich hinter sich zu bringen, bevor die ersten Hindernisse öffneten. 

Nach und nach wurden immer mehr Hindernisse freigegeben und zwangen die Läufer damit immer wieder in eiskaltes Wasser. Auch der Boden, zum Teil gefroren, weichte immer mehr auf, das Laufen wurde zur Rutschpartie. Spätestens zum Sonnenuntergang fielen die Temperaturen unter den Gefrierpunkt. Jetzt war kein Läufer mehr ohne Neoprenanzug unterwegs. Einige Hindernisse froren über Nacht derart ein, dass sie geschlossen werden mussten. Die Kombination aus Kälte und Nässe forderte ihren Tribut: Im Laufe der Nacht mussten immer mehr Läufer trotz dicker Neoprenanzüge Zwangspausen in den beheizten Zelten oder ihren Schlafsäcken einlegen, um wieder aufzutauen. Carola, die als Aerialspartan bereits im vergangenen Jahr teilgenommen hatte, versuchte sich warm zu halten, indem sie sich Wärmepackungen in den Neoprenanzug steckte. Kleidung, die die Athleten zum Teil ausgezogen, zum Teil für einen späteren Zeitpunkt des Rennens aufgespart hatten, fror steif in den Zelten, die Pit-Crews hatten alle Hände voll zu tun, die völlig unterkühlten Athleten aufzuwärmen.  

"WTM 2018" geschrieben in Reif

Immer öfter mussten auch schwere Entscheidungen getroffen und Athleten aufgrund von Erschöpfung oder Unterkühlung aus dem Rennen genommen werden. Insgesamt gaben ca. 50% aller Starter vorzeitig auf oder wurden von Crew oder Sanitätern aus dem Rennen genommen. So musste auch Markus, im vergangenen Jahr selbst Sieger beim WTM und in diesem Jahr als Pit-Crew unterwegs, Fabian aus dem Rennen nehmen, der sich zuvor verletzt hatte und nun gegen Kälte und Erschöpfung kämpfte. Andere Starter beschlossen, die Nacht im wärmenden Schlafsack zu verbringen. Wer konnte, ging die letzten Meilen mit Einbruch der Morgendämmerung an.  

So groß die Strapazen durch Terrain, Wetter und Hindernisse waren, so stark war der Zusammenhalt auf der Strecke. Das Starterfeld wurde zur verschworenen Gemeinschaft und arbeitete zusammen auf ein Ziel hin: durchhalten und Atlanta als Finisher verlassen. An den Hindernissen fanden die Läufer fast immer eine helfende Hand oder Schulter, die Teams pushten sich gegenseitig weiter. Selbst innerhalb der Elite motivierte man sich, zog einander weiter. „Auch die Pit Crews haben einen fantastischen Job gemacht“ berichtet Nadine. „Dass teilweise fremde Menschen sich so viel Mühe geben, damit die Läufer ihr Ziel erreichen, finde ich unglaublich.“ Für Starter ohne eigene Crew gab es sogar das Orphan Tent. Dort gab es heiße Getränke, heißes Wasser für den Neo, Handschuhe und Schuhe und jede Menge zu essen. 

Und so wurde der World’s Toughest Mudder für die meisten zur Achterbahn der Gefühle: Der Kampf gegen Kälte, Nässe und Hindernisse zehrte an den Kräften und wurde zur Nagelprobe für den eigenen Willen. Viele Athleten erreichten in Atlanta nicht die selbstgesteckten Ziele, blieben unter den anvisierten Meilenmarken. Die Enttäuschung darüber vermischte sich bei vielen jedoch mit dem Stolz, bei diesen Umständen überhaupt das Ziel erreicht zu haben. Dies war maßgeblich auch dem Zusammenhalt auf der Strecke geschuldet. Die anderen Athleten, die Pit Crews und Volunteers pushten die Läufer immer weiter, ließen sie über eigene Grenzen gehen und sorgten für eine unbeschreibliche Erfahrung darüber, was der eigene Körper zu leisten imstande ist. 

Bilder: Tough Mudder

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